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Briefentwurf in Kurzschrift von
Friedrich Prym an Aurel Voss: 10. März 1891
Transkription: Hans Gebhardt
Würzburg,
10. März 1891
Hochgeehrter
Herr Kollege!
In
Beantwortung Ihres geehrten Schreibens vom
13. pass [des vergangenen Monats] sowie Ihrer Nachschrift vom 5. crts [des laufenden Monats] kann ich Ihnen heute die
vertrauliche, nur für Sie allein bestimmte Mitteilung machen,
daß die phil.
Fakultät Sie und Herrn Prof. Sturm in Münster an 1.
Stelle und in gleicher
Linie vorgeschlagen hat und daß, wie ich unter der Hand
erfahren, der Senatsreferent
unsere Vorschläge voll zu vertreten gedenkt. Die betreffende
Senatssitzung
dürfte wohl gegen Ende dieser Woche stattfinden. Der
für die Gehaltsfrage
bezügliche Passus in meinem Referate lautet: [...] –
Die Sache geht nun, wie
ich hoffe, auch beim Senat glatt durch. Es könnten von dieser
Seite her
höchstens finanzielle Bedenken geltend gemacht werden, da der
durch den Hingang
des Prof. M[ayr] freigewordene Gehalt nach Wegfall der Alterszulage nur
M 4200 beträgt. So liegt die endgültige
Entscheidung dann ausschließlich beim Ministerium in
München. Wie aber dieselbe
ausfallen wird, darüber habe ich kein Urteil, meine aber,
daß das Ministerium
sich nur schwer entschließen wird, einen so trefflichen
Lehrer wie Sie dem
Polyt[technicum] zu entziehen. Sollte aber trotzdem der Ruf an Sie
gelangen,
dann versäumen Sie nicht, mich vor Ihrer Entscheidung hier zu
besuchen, um sich
an Ort und Stelle aufs genaueste zu orientieren. Denn ich sowohl wie
meine
Kollegen der naturwissenschaftlich-math. Sektion würden es
sehr beklagen, wenn
Sie später hier nicht das finden, was sie erwarten.
Es
hat mir sehr leid getan, aus Ihrer
vertraulichen Aussprache ersehen zu müssen, daß Sie
in Ihrer jetzigen Stellung
sich nicht glücklich fühlen, und ich begreife es
vollständig, daß Sie, um mit
den Worten meines Freundes Chr[istoffel] zu
reden, es müde sind, Wasser in Siebe zu
füllen. Mir ist es auch nicht besser gegangen, nachdem ich
jetzt durch mehr als
20 Jahre, von dem Zeitraum natürlich abgesehen, wo mein Coll[ege] Krazer
mir
in der aufopferndsten Weise helfend zur
Seite stand, die ganze Verantwortung für die Ausbildung der
Studierenden der math.
[1
Wort nicht deutbar] tragen mußte, während
meine beiden Herren Coll[egen] M[ayr]
und Selling auf ihren Lorbeeren
ausruhten.
In
der Hoffnung, daß die Sache einen für Sie
angenehmen Verlauf nehmen möge, danke ich Ihnen nochmals
für das mir entgegengebrachte
Vertrauen und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Ihr
ganz ergebener
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