|
|
Briefentwurf in Kurzschrift von
Friedrich Prym an Rudolf Sturm: 21. März 1891
Transkription: Hans Gebhardt
Würzburg,
21.
März 1891
Hochgeehrter
Herr Kollege!
Ich
bestätige Ihnen den Empfang
Ihres freundlichen Briefes vom 19. crts.[dieses Monats] und werde nicht verfehlen, den
Mitgliedern der naturwissenschaftlich-math. Sektion Ihren Dank zu
übermitteln.
In Beantwortung der von Ihnen gestellten Fragen kann ich Ihnen heute
das
Folgende mitteilen:
ad
1. Über
die Rechtsverhältnisse der
bayerischen Beamtenpensionierung und damit
zusammenhängenden Fragen finden Sie
das Nähere in dem hier beiliegenden Buche, welches mir mein
Kollege Herr Hofrat
Schnetz freundlichst zur Verfügung gestellt hat. Sie werden
daraus ersehen, daß
die Höhe des Ruhegehalts bei einer Pensionierung von der
Dienstzeit abhängig
ist, und ich würde bei einer Berufung an Ihrer Stelle
verlangen, daß ihnen die
bisherige Dienstzeit gerechnet wird. Dieser Fall ist hier, wenn auch
nicht oft,
so doch zuweilen vorgekommen. Was das [1 Wort nicht lesbar] Provis.
betrifft,
so äußert sich darüber Max
Seydel in seinem Bayerischen Staatsrecht, München, Theodor
Riedel, 1887, 3.
Band, 2. Teilung, pag. 344 wie folgt: Der Satz, daß die 1.
Anstellung im
Staatsdienste 3 Jahre lang provisorisch sei, ist ein
verfügender, kein
zwingender Rechtssatz. Seine Geltung kann durch den Staatsdienstvertrag
bzw.
durch Anstellungsentschließung ausgeschlossen werden. Die
gleiche Ansicht vertritt Pözel,
Lehrbuch des bayerischen Verfassungsrechtes, § 181, Anm. 4.
Wir alle hier haben
das 3jährige Provisorium durchgemacht und nichts Bedenkliches
darin gefunden. Ich
glaube auch nicht, daß die Frage von der Anrechnung der
nichtbayerischen
Dienstzeit davon abhängig ist; aber versuchen können
Sie es immer, ohne
Provisorium angestellt zu werden.
ad
2. Wer
hier angestellt wird, erhält
nach 5 Jahren eine Alterszulage von 360 M und dann nach je weiteren 5
Jahren
immer 180 M. Diese Alterszulage wird seit einigen Jahren zum
pragmatischen
Gehalt mitgerechnet, und im Falle des Todes bekommt die Witwe
jährlich 1/5 des
Gehalts, jedes Kind 1/25tel des Gehalts des verstorbenen Vaters bis zur
Verehelichung oder bis zum 21. Lebensjahr, eine Doppelwaise dagegen
bekommt 2/15
des Gehalts des verstorbenen Vaters.
ad
3. An
den Prom.-Gebühren
sind beide Sektionen
gleichmäßig beteiligt. Dieselben betragen
für mich durchschnittlich 100 - 200
M.
ad
4. An
Coll.-Geldern habe ich
durchschnittlich pro Jahr 100 - 200 M. eingenommen.
ad
5. Für
die Seminarbibliothek habe
ich bis jetzt keine Zeitschriften angeschafft, da ich diejenigen, deren
ich
bedarf, mir selbst halte. In der Universitätsbibliothek sind
von speziellen
Zeitschriften nicht viele vorhanden.
ad
6. Das
Anfangsgehalt eines ordentlichen
Professors beträgt hier M 4200, und soviel steht auch von der
Universität aus
für die Bezahlung der Professur zur Verfügung; das
Ministerium kann aber aus
eigenen Fonds dem neu zu Berufenden ein höheres Anfangsgehalt
geben. Wird
jemand mit 4200 M. berufen, so hat er hier Anspruch auf M. 400
Trennungsentschädigung. Wird
er mit einem höheren Gehalt
berufen, so fällt diese Trennungszulage fort. - Eine
Prüfungskommission haben
wir hier nicht. Alle Examina liegen in München. Die
Studierenden der Mathematik
können auch ihre Studien vollständig am Polyt.
absolvieren, und so kommt es,
daß die meisten Math.-Studierenden in München
konzentriert sind und Erlangen
sowohl wie Würzburg ganz im Hintergrund stehen.
Wenn
wir nicht zuweilen
Profession hätten, würde man oft in den
Math.-Vorlesungen nur 2 oder 3
wirkliche Mathematiker haben. Ich halte es nicht für
unmöglich, daß Sie, wenn
das Ministerium Sie anfragt, es Ihnen M. 5000
bieten wird,
nachdem wir angegeben, daß Sie M. 4900
Gehalt und M.
660 Trennungsentschädigung beziehen. Über M. 6000
wird aber das
Ministerium wohl unter keinen Umständen hinübergehen.
Damit
glaube ich, Ihnen Ihre
verschiedenen Fragen hinreichend beantwortet zu haben und bin zu jeder
weiteren
Auskunft gerne bereit und verbleibe mit freundlichem Gruß
Ihr
ganz ergebener
F.
Prym |