Jesuitenpater Caspar Schott
Mathematikprofessor an der Universität Würzburg

von Christian Karl

Kindheit, Studium in Würzburg

Caspar Schott wurde am 5. Februar 1608 in Königshofen im Grabfeld in Unterfranken geboren.
Eine schriftliche Kindheitserinnerung über die Explosion einer Ansaugpumpe in Paderborn 1620 läßt auf ein frühes Interesse an der Technik schließen; es ist nahezu das einzige Zeugnis aus seiner Jugend.
Im Jahr 1627 tritt der 19jährige in den Jesuitenorden ein und wird zum Studium nach Würzburg gesandt. Dort widmet er sich der Philosophie und lernt einen seiner Professoren, den Jesuitenpater Athanasius Kircher, näher kennen.


Studium und Lehre in Palermo

1631 bricht der 30jährige Krieg über Würzburg herein, Schott flieht - wie viele andere auch - vor den protestantischen schwedischen Truppen.
Er flieht zunächst nach Tournai (Belgien) und setzt dort seine Studien fort.
1634 wechselt er nach Sizilien. Dort beendet er sein Studium der Philosophie, Theologie und Mathematik 1638 in Palermo.
In Sizilien verbringt Schott die nächsten zwei Jahrzehnte und lehrt meist Philosophie, Moraltheologie und Mathematik in Palermo, obwohl er zwei Jahre in Trapani verbringt.


Zusammenarbeit mit Kircher in Rom

Schott ist weiterhin um die Wiederaufnahme der Verbindung zu Kircher bemüht, den er zeitlebens als seinen Lehrmeister verehrt. 1652 geht dieser Wunsch in Erfüllung, da Schott nach Rom gesandt wird. Er soll Kircher bei dessen Forschungen am Römischen Kolleg unterstützen.
In dieser Zeit entscheidet sich Schott, Forschungsergebnisse Kirchers zu veröffentlichen und beginnt mit der Zusammenstellung des Materials.


Professur in Würzburg

1655 wird er von Jesuitengeneral Nickel nach Deutschland zurückgeschickt.
Nickel hält große Stücke auf Schott und schreibt am 8. Mai 1655 an den oberrheinischen Provinzial Biber:

    Pater Kaspar Schott hat hier und in Sizilien mehrere Jahre als guter Religiose gelebt zu unserer und aller Zufriedenheit. Vor einigen Wochen habe ich ihn in seine Provinz zurückgeschickt, der er, wie ich hoffe, von Nutzen sein und zur Zierde gereichen wird. Ew. Hochwürden mögen ihn mit großer Liebe aufnehmen und ihm gestatten, in den mathematischen Disziplinen, in denen er sehr tüchtig ist, weiter zu arbeiten.

Nickel fordert Schott auf, er möge einen Mäzen finden, "durch dessen Freigebigkeit er seine bereits verfaßten Bücher veröffentlichen könne." (DUHR)
Auch in der Folgezeit ist die wohlwollende Aufmerksamkeit Nickels offensichtlich. Immer wieder ermuntert er Schott, seine Fachstudien eifrig weiter zu betreiben.

Schott wird Professor für Mathematik am Würzburger Gymnasium. Dem Fürstbischof ist er als dessen Beichtvater verbunden.


Kontakte mit Otto von Guericke

Im Jahr 1657 veröffentlicht Schott sein erstes Werk, die

Mechanica Hydraulico-Pneumatica.

Es handelt sich um einen kurzen Führer zu hydraulischen und pneumatischen Instrumenten in Kirchers römischem Museum.

Magdeburger Halbkugeln Wertvoller als dieser Führer ist aber der Anhang. Hier beschreibt Schott den berühmten Versuch des vierten Bürgermeisters von Magdeburg, Otto von Guericke.
Versuch mit luftleeren Gefäßen, den so genannten Magdeburger Halbkugeln

Von Guericke hatte 1654 auf dem Reichstag von Regensburg Experimente mit luftleeren Gefäßen vorgeführt und damit Kaiser, Fürsten und Ritter zum Staunen gebracht.
Dieser Bericht trägt viel zum Erfolg der Mechanica Hydraulico-Pneumatica bei. Es entspinnt sich ein reger Briefaustausch mit von Guericke, dessen Experimente Schott später wiederholt. Der Fürstbischof zu Würzburg und Mainz, Johannn Philipp von Schönborn, hatte Guerickes Gerätschaften gekauft, um sie den Gelehrten seiner Residenzstadt zukommen zu lassen.


Kontakte zu anderen Wissenschaftlern

Die Mechanica Hydraulico-Pneumatica hat auch die Aufmerksamkeit vieler Jesuiten erregt. Es entwickeln sich zahlreiche wissenschaftliche Kontakte, in denen etliche Forscher und Laien ihre Forschungsergebnisse mitteilen. Außerdem korrespondiert der Mathematiker mit dem niederländischen Physiker Christiaan Huygens, dessen bekannteste Leistungen auf dem Gebiet der Optik liegen.


Schott als Enzyklopädist

In seinen letzten Lebensjahren ist Schott hauptsächlich damit beschäftigt, die Masse angesammelten Materials zu veröffentlichen. Zwischen 1658 und 1666 verfaßt er elf Werke.

Als umfassendstes gilt der

Cursus Mathematicus

von 1661, in dem er auf etwa 650 Seiten das gesamte mathematische Wissen seiner Zeit gründlich darstellt.


Titelblatt des
"Cursus Mathematicus"
Titelbild des
"Cursus Mathematicus"

In der Widmung dieser Enzyklopädie an Kaiser Leopold I. erwähnt Schott die berühmtesten Mathematiker und Astronomen seiner Zeit und setzt dabei Johannes Kepler an die erste Stelle. Diese Tatsache und die ausführliche Darstellung des kopernikanischen Weltsystems läßt auf eine große Sympathie Schotts für Kepler und dessen System schließen. Allerdings stellt er - wie bei allen Jesuiten üblich - fest, daß diese Lehre von der Kirche verurteilt wird, da sie der Heiligen Schrift widerspreche.

Schotts Zeitgenossen schätzen seine Bücher sehr. So wird beispielsweise Robert Boyle aufgrund der 1664 erschienenen

Technica Curiosa

zu seinen Versuchen über die Elastizität von Luft angeregt, deren Ergebnisse Schott wiederum veröffentlicht.
Der im oben genannten Titel erstmalig erscheinende Begriff "Technik" wurde wohl von Schott, in Wortangleichung an "Physik", selbst erfunden.


Lebensende

1664 bewirbt sich Schott an das Römische Kolleg der Jesuiten, um den naßkalten Wintern Deutschlands zu entfliehen; seine Gesundheit hatte deswegen bereits stark gelitten. Der Antrag wird abgelehnt.
Doch ein Jahr später bietet man ihm die Rektorsstelle am Kolleg in Heiligenstadt an. Schott lehnt seinerseits ab mit dem Hinweis auf seine geschwächte Gesundheit. Außerdem hält er sich als ungeeignet für eineVerwaltungsstelle.
Er wird nur 58 Jahre alt und stirbt am 22. Mai 1666 in Würzburg.


Würdigung

Caspar Schott hat wohl wenig Bahnbrechendes auf dem Gebiet der Wissenschaft geleistet. Sein großes Verdienst liegt vielmehr in der Verbreitung naturwissenschaftlichen Wissens.
Allerdings bemängelt GILLISPIE Schotts Kritiklosigkeit:

    In a treatise on the then very popular theme of the origin of springs, his own opinion, when finally expressed, amounted to saying that everyone was right: some springs are due to precipitation, some to underground condensation, and some are connected directly to the sea.

Schotts Interessen gingen aber weit über die Mathematik und Physik hinaus. Er berichtet über Unterseeboote, Hebebühnen und Perpetuum Mobile.

DUHR schreibt, "daß Schott wohl der erste Experimentator an lebenden Tieren an unserer Universität (Würzburg) war", und berichtet von Versuchen, wie er "... ein zweites Tier durch Injektion von spanischem Wein berauschte."

Augenfällig ist auch Schotts Vorliebe für die Esoterik. So erscheint im Cursus Mathematicus die Astrologie als eine von 26 mathematischen Disziplinen.
Er berichtet immer wieder über Wunderwesen, Monster und Dämonen.

 
Zwei Jahre nach seinem Tod erscheint 1668 das

Organum Mathematicum,

in dem Schott einen von Athansius Kircher entwickelten "Mathematischen Schrein" beschreibt, die dieser als "Mathematische Orgel" (Organum mathematicum) bezeichnet hatte.

Auf dem Exemplar eines Mathematischen Schreins im Bayerischen Nationalmuseum sitzt oben ein Schottsches Rechenkästchen.

Mathematischer Schrein,
Bayerisches Nationalmuseum München


Schott ist auch in die Literatur eingegangen. Er ist das Vorbild für "Pater Caspar Wanderdrossel" in UMBERTO ECOS Roman, Die Insel des vorigen Tages.


Leben und Werk von Kaspar Schott


Die wichtigsten Werke

  • Mechanica Hydraulico-Pneumatica. Würzburg 1657.
  • Magia Universalis Naturae et Artis. Würzburg 1657-1659.
  • Pantometrum Kircherianum. Würzburg 1660.
  • Cursus Mathematicus. Würzburg 1661.
  • Physica Curiosa. Würzburg 1662.
  • Anatomia Physico-Hydrostatica Fontium ac Fluminum. Würzburg 1663.
  • Technica Curiosa. Würzburg 1664. Enthält u.a. acht Briefe von Guerickes an Schott.
  • Schola Steganographica. Nürnberg 1665
  • Organum Mathematicum. Würzburg 1668.

Alle diese Schriften sind in der  Universitätsbibliothek  Würzburg vorhanden.

Quellen

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