Astronomie

Vorwort aus:
 Kaspar Schott, Organum mathematicum, Nürnberg 1668
Übersetzung: Pater Alban Müller SJ


Wie wahr ist, was der große Plato in seinem Epinomides meint, daß die Astronomie, die die Stellung des Himmels und der Himmelskörper, die Ordnung, die Bewegung, die Größe, die Entfernung, die gegenseitige Beziehung und andere Erscheinungen und Zufälligkeiten betrachtet, keine andere als eine himmlische Geistigkeit erfordert und keine andere als die wunderbare Natur des Menschen. 
Allen ist unzweifelhaft klar, daß keine anderen mehr das Studum dieser Wissenschaft betreiben müßten, als die Herrscher der Welt, die Kaiser, die Könige, die Fürsten und Adeligen. Das sind im übrigen nach der Idee des göttlichen Geistes diejenigen, in denen die göttlichen Tugenden Weisheit, Güte, Milde, Freigiebigkeit, Tapferkeit und andere Vorzüge des Geistes aufstrahlen: sie sind Götter unter den Menschen. Sie wohnen deshalb im Himmel, der das Haus Gottes ist; sie wohnen vor den übrigen mit Gott. Was so den Sterblichen, die noch mit ihrem Körper bekleidet sind, nicht gestattet ist, sie dürfen hin und wieder, wenn nicht immer, aber doch öfter und klarer als die anderen, den Himmel schauen. Sie hören auf Lactantius, der im 2. Buch der Institutiones  divinae, Kapitel 2, diejenigen, denen durch Geburt vor allem die Sorge der Betrachtung des Himmels zugemessen ist, folgendermaßen anredet: 
"Was unterwerft ihr denn euch den niedrigen Gegenständen, was stellt ihr die Erde über eure Häupter? Denn wenn ihr euch der Erde unterwerft und euch gering macht, taucht ihr euch selbst in die Unterwelt hinein und verurteilt euch zum Tode, weil ja nichts auf Erden tiefer und erniedrigender ist als der Tod und die Unterwelt. Wenn ihr dem entfliehen wollt, verachtet die unter euren Füßen liegende Erde, bewahrt die Haltung des Körpers: Das alles habt ihr recht aufgenommen, wo ihr Augen und Geist mit dem, der sie gemacht, vereinigen könnt;"
nämlich im Anblick und der Betrachtung des Himmels. Nichts anderes machten zu allen Zeiten die Fürsten der Welt und die Machthaber, wie ich andernorts geschrieben habe. Die sind und werden für wahre Fürsten gehalten, die die Schau und Betrachtung der Himmelskörper, die Sternenkunde bzw. die Astronomie viel höher schätzen als Reichtümer und Macht. 
Damit der Hochwohlgeborene Fürst, den der Autor des Organum unterweisen wollte, jenen und diesen nacheifere, richtete er das sechste Fach besagten Organum mit den astronomischen Täfelchen ein, und erklärte sie im anschließenden sechsten Büchlein. Deshalb lege ich nun jenes vor, und erkläre sie dann ausführlicher.

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