Festungsbau
Aus: Kaspar Schott: Organum mathematicum, Nürnberg 1668
Übersetzung: Pater Alban Müller SJ


Die Wissenschaft des Festungsbauses bzw. der Befestigungen, die anderwärts Militär-Architektur genannt wird, nennen wir Festungsbau. Was sie ist und zu welchem Zweck sie erfunden ist, ist zu bekannt, als daß wir sie erklären müßten, im besonderen den Fürsten und den Adeligen, denen das Studium so sehr eigentümlich ist, so daß man kaum jemand findet, der darin nicht weit vorangekommen ist oder nicht alle Versuche unternimmt, darin Fortschritte zu machen. Daher die zahlreichen Reden über die Befestigungen, die vielfachen davon handelnden Broschüren der Schreiberlinge, die langen und lästigen Reisen zur Besichtigung der verschiedenen in fremden Provinzen errichteten Befestigungsanlagen, das mühsame Anlegen derselben im Herrschaftsgebiet und den eigenen Provinzen. Daher auch das erste und hauptsächliche Betreben derer, denen die Sorge um die Söhne der Fürsten und Adeligen anvertraut ist, daß doch diese die größtmöglichen Fortschritte im Festungsbau machen. Zu diesem Zweck wälzen alle Autoren, die darüber schreiben, betriebsam Gedanken, erdenken die verschiedensten und umfangreichen Übungen, um das nicht nur geistig sondern auch leibhaftig vor Augen zu stellen, was sie jenen beibringen wollen. 
Aus diesem Grunde meinte auch der Autor des Organums, da er seinen Fürsten in der mathematischen Wissenschaft unterrichten wollte, daß er den Festungsbau nicht auslassen könne. Deshalb bringt das dritte Fach des Organums den Festungsbau betreffende Täfelchen und erklärt deren Anwendung in einem besonderen Büchlein, aber mehr als kurz, ja kürzer als die Fürsten die ihnen so sehr eigentümliche Materie erklärt haben wollen. Darum ist dies alles ausführlicher zu erklären und nicht wenig anderes noch beizugeben, das der Unterweisung teils der Fürsten, teils der Lehrer dient. Deshalb lege ich an erster Stelle das Büchlein des Autors in vollem Umfang vor, bereinigt nur von den Schreibfehlern sowohl in die Täfelchen, wie in die im Büchlein zusammengefaßte Erklärung der Täfelchen, die durch Unachtsamkeit des Schreibers sich einschlichen. 
Und wenn auch die Größen und Verhältniszahlen der Ecken und Seiten, die der Autor, entnommen aus dem Werk der angewandten Geometrie des Adrian Metius, vorlegt, überholt sind, so lege ich sie doch so vor, wie sie vom Autor selbst vorgestellt wurden. In der umfangreicheren Unterweisung aber bringe ich andere, neuere und heutzutage gebräuchliche Systeme dieser Teilgebiete.
Was ich aber vorlege, ist nicht Erfindung meines Geistes, sondern zusammengesammelt aus den besten, besonders den neuesten Autoren, die die Regeln für den Festungsanlagenbau, entnommen den mathematischen Quellen, gebilligt durch die scharfsinnigsten Kriegherren, und endlich auch durch die tägliche Erfahrung bekräftigt, in den Schriften niederlegten. Eine Liste der meisten Autoren gab ich im Vorwort zum 22. Buch des Cursus mathematicus, dieser füge ich hier noch bei Simon Servinus, Notnagelius, Heinrich Rufus, Gerhard Melderus und andere.

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