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Einblicke

Ich habe die Unart, ein lebhaftes Interesse bei mathematischen Gegenständen nur da zu nehmen, wo ich sinnreiche Ideenverbindungen und durch Eleganz oder Allgemeinheit sich empfehlende Resultate ahnen darf,...

Der Wunsch, den ich immer bei meinen Arbeiten gehabt habe, ihnen eine solche Vollendung zu geben, ut nihil amplius desiderari possit1, erschwert sie mir freilich außerordentlich, eben so wie die Notwendigkeit, heterogener Sachen wegen oft davon abspringen zu müssen.

1dass weiter nichts gewünscht werden kann

Durch angestrengtes Nachdenken über den Zusammenhang aller Wurzeln untereinander nach arithmetischen Gründen glückte es mir, bei einem Ferienaufenthalt in Braunschweig am Morgen des gedachten Tages (ehe ich aus dem Bette aufgestanden war) diesen Zusammenhang auf das klarste anzuschauen, so daß ich die spezielle Anwendung auf das 17-Eck und die numerische Bestätigung auf der Stelle machen konnte.
Ich habe kaum während einer Periode meines Lebens so angestrengt gearbeitet und doch vergleichungsweise so wenig reinen Ertrag produziert, wie in diesem Winter. So geht es aber oft bei mathematischen Anstrengungen, wo nicht das Arbeiten wie das Verfertigen eines Schuhes über einen gegebenen Leisten vollendet werden kann. Ich habe mich zuweilen in diesem Winter Wochen lang, Monate lang mit einer Aufgabe beschäftigt, ohne sie zu meiner Zufriedenheit lösen zu können.

Das Schachspiel ist mir keinesweges fremd, sondern in frühern Zeiten sehr familiär gewesen. Es ist aber meinen sonstigen Beschäftigungen zu sehr analog um als eine Erholung betrachtet werden zu können, dazu ist etwas von jenen Heterogeneres nöthig.


Prof. Dr. H.-J. Vollrath [Zurück]