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Herzog August, Athanasius Kircher und das Geld Herzog August als Förderer In
seiner
Autobiographie berichtet Athanasius Kircher, wie er sich
1661 bei einem Besuch an dem ziemlich verwahrlosten Ort in Mentorella
in der
Nähe
von Tivoli von der Jungfrau Maria mit den Worten angesprochen
fühlte: „Siehe,
wie ich hier in dieser Wildniß von allen verlassen bin,
niemand kümmert sich um
mich, niemand um meine Kirche und diesen geheiligten Ort, an dem ich
doch in
früheren Zeiten von den Menschen so sehr verehrt worden
bin.“ Tief betroffen
gelobte Kircher, dafür zu sorgen, dieses Heiligtum wieder
herzustellen. Er
bekräftigte sein Gelöbnis damit, dass er seine drei
Taler, die er zur
Bestreitung seiner Auslagen mithatte, ihr zu Füßen
niederlegte. Tatkräftig
begann er, sein Versprechen zu erfüllen. Er konnte berichten: Nach Hause zurückgekehrt, fand ich in einen Brief eingeschlossen einen Wechsel vor, durch welchen mir der durchlauchtigste Herzog von Braunschweig-Lüneburg zur Förderung meiner Studien mit ungewöhnlicher, eines solchen Fürsten würdigen Freigebigkeit 400 römische Thaler angewiesen hatte. Ich erkannte hierin einen versteckten Wink der Mutter Gottes, legte alle anderen Studien bei Seite, war aber keineswegs müßig, sondern begann die Geschichte dieses heil. Ortes unter dem Titel: „Eustachisch-Marianische Geschichte“ zu verfassen. Mit diesem Hinweis ehrt Kircher seinen fürstlichen Gönner. Die Hintergründe dieser Beziehung zwischen Athanasius Kircher in Rom und Herzog August von Braunschweig und Lüneburg in Wolfenbüttel werden durch den Briefwechsel zwischen beiden erhellt. Am 8. Mai 1665 hatte Kircher dem Herzog seine Historia Eustachio-Mariana geschickt und ihm sein Projekt geschildert. Leider musste August ihm am 17. August mitteilen, dass er zwar den Brief, aber nicht das Buch erhalten hätte. Einen Empfang hat er auch später nicht erwähnt. Ohne Bezug auf dieses konkrete Projekt hatte August dann Kircher am 28. Mai 1666 lapidar mitgeteilt: „Wir haben unserm Johann Georg Anckel befohlen, euch gleich 400 Thaler per Wechsel zu überweisen, womit ihr für diesmal vorlieb nehmen möget.“ Leider musste Kircher ihm dann am 24. Juli 1666 mitteilen: „Im Übrigen wird mich der Herr von Anckel näher informieren, aus welcher unbekannten Schwierigkeit das Deputat von 400 Talern ausgeblieben ist.“ Da war aber Herzog August bereits gestorben. Doch nach der Autobiographie hatte er die 400 Taler bereits 1661 bekommen: Dichtung und Wahrheit"! Aber
vielleicht hatte Kircher bereits vor 1665 einmal 400 Taler vom
Herzog erhalten oder kleinere Spenden addiert? Schaut man
sich den Briefwechsel darauf hin an, dann finden sich bei den Briefen
des Herzogs Ankündigungen und bei Kirchers Briefen
Danksagungen. Mit Schreiben vom 5. Februar 1664 hatte August ihm mitgeteilt:
Zum
Verlegen seiner noch herauszugebenden Werke legen wir ihm eine kleine
Hilfe bei
(nämlich 100 Dukaten di Banco, welche unser Anckel in
Augsburg als
Wechsel überweisen wird). Davon kann in Zukunft mehr erfolgen,
nicht allein zum
Verlegen seiner angenehmen Schriften, sondern auch als ein geringes
Geschenk
für vielfältige Mühe beim Unterricht vom
Sohn des Selenus.
Gemeint ist Augusts Sohn Ferdinand Albrecht (1636-1687), den Kircher in Rom betreut hatte. Am 31. Oktober 1664 kann Kircher Herzog August für eine Zuwendung von 200 Reichstalern danken, die dieser am 29. September angekündigt hatte. Und am 30. Januar 1665 hatte ihm August eine Zuwendung angekündigt, für die sich Kircher am 21. Februar 1665 überschwenglich bedankte. Am
8. Januar
1666 schließlich schrieb Kircher: Was
ist denn das Verdienst meiner unwürdigen Person? Welche
Verpflichtung besteht
für einen geleisteten Dienst? Welchen Lohn kann es
für ein irgendeinmal
verdienstvolles Werk geben? dass Eurer Durchlaucht nicht ablasst, meine
unwürdige Person mit so großen Wohltaten und so
vielen Geschenken, nicht sage
ich: zu überhäufen, sondern gleichsam zu begraben.
Ich jedenfalls bin
angesichts einer solchen Großzügigkeit und
heroischen Weitherzigkeit verwirrt
und weiß nicht, was ich aus der neuerlichen
Unterstützung von 300 Talern machen
soll. Ratlos, zweifelnd und verwirrt stehe ich vor der Verlegenheit:
Wie soll
ich die reichlich auf mich gehäuften Gaben vergelten? Mit
diesen
beachtlichen Summen förderte Herzog August die Werke des
verehrten Paters
Athanasius Kircher, der als Jesuit auf Fördermittel
– man spricht heute von
Drittmitteln – angewiesen war. Immerhin hat Kircher in seiner
Autobiographie
dankbar daran erinnert. Herzog August
als Beschenkter Doch auch der Herzog hatte zu danken, denn Kircher ließ ihn am Entstehen seiner Werke teilnehmen. Besonderes Interesse des Herzogs fand Kirchers 1664 erschienene Polygraphia nova et universalis, weil er selbst unter dem Pseudonym Gustavus Selenus mit seinen Cryptomenytices et Cryptographiae libri IX, Lüneburg 1624, ein Buch über Kryptographie verfasst hatte. Kircher kannte das freilich nicht, und so bekam er am 5. Februar 1664 ein Exemplar vom Herzog geschenkt. Das fand dann seinen Niederschlag in einem Austausch von verschlüsselten Botschaften. Sehnsüchtig vom Herzog erwartet wurde der Mundus subterraneus (1665), den Kircher angekündigt hatte und der ihm vom Verleger zugeschickt werden sollte. In der Korrespondenz geht es auch um das Iter Etruscum, von Kircher, das freilich nicht erschienen ist. Auch Kostbarkeiten wurden ausgetauscht: August schickte Kircher ein in Bernstein eingeschlossenes Tier für dessen Museum und erhielt von Kircher einen Schlangenstein (Cobra Piedra). Wertvoll waren dann auch für August Medikamente, die ihm Kircher zugeschickt hatte. Kircher wiederum wurde mit einem Portrait des Herzogs und wertvollen Prägungen in Silber und Gold beschenkt. Immer
erwähnt Herzog August seine geliebte Bibliothek, nennt
ausführlich
Titel und bemüht sich um den Erwerb von Büchern. Ein
wertvolles Geschenk von
Kircher war ein Syrisches
Evangeliar. Er schreibt am 19 März
1666: Der
Blick auf die ungeheuren Wohltaten, die Eure
Durchlauchtigste Hoheit meiner so unwürdigen Person mit einer
königlichen
vergleichbaren Großzügigkeit bis jetzt erwiesen hat,
schien, gleichwie ein
Gesetz, einen Beweis der schuldigen Dankbarkeit von mir zu verlangen.
Aber ich
finde nichts, was ich geben könnte, das einer so
großen fürstlichen
Freigiebigkeit würdig wäre. Damit ich dennoch nicht
bäuerischer Undankbarkeit
für schuldig befunden werde, schicke ich Eurer Durchlaucht das
mir Teuerste und
Kostbarste, nämlich einen höchst seltenen und alten
Kodex der vier Evangelien
Christi in Syrischer Sprache und in einer Schrift, die man Estranghelo
nennt,
geschrieben vor 745 Jahren, wie eine Inschrift am Ende des Buches
beweist. Der
Herzog bedankt sich dafür am 28. Mai 1666 mit den Worten: Ansonsten
bedanken wir uns für die Überlassung
des so raren siebenhundertjährigen syrischen Exemplars. Es
wird uns besonders
lieb sein, weil es von dem Herrn Pater gekommen. Wir haben es
gleich unter
unsere Manuskripte in der Bibliothek setzen lassen. Wir haben
unserm
Johann Georg Anckel befohlen, euch gleich 400 Reichstaler per
Wechsel zu
überweisen, womit ihr für diesmal
vorlieb nehmen möget. Verbleiben euch
mit guten Gnaden stets wohl zugetan, Wolfenbüttel,
den 28. Mai 1666. Und damit ist auch deutlich geworden, dass die 400 Reichstaler 1666 Ausdruck des Dankes für das Syrische Evangeliar waren. Athanasius Kircher, Selbstbiographie des P. Athanasius Kircher, Hrsg. und Übers. Nikolaus Seng, Fulda 1901, S. 55-58 |
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